Anmerkung prūsai:
Als Vorwort zum Themenkreis prußische Sprache möge
das Vorwort der Tolkemita im Gedichtsband „Die prußischen
Gedichte – Stos prūsiskos grīmos“ von
Heinz Georg Podehl von 1984 dienen.
(Quelle: ebendort)
VORWORT
Eine untergegangene, „verlorene" Sprache zu benutzen,
scheint auf den ersten Blick abwegig zu sein. Denn meistens
wird zuerst nach dem Nutzen einer Sache, nicht nach ihrem Wert
gefragt. Die „verlorene" Sprache, um die es hier
geht, ist das Prußische. Sie konnte sich in Ostpreußen
bis ins 17. Jahrhundert halten und wurde dann nur noch vereinzelt
gesprochen. Um 1800 verschwand sie ganz aus dem Gebrauch oder
ging bruchstückweise in die Sprache der neuen Herren des
Landes ein.
Der Deutsche Ritterorden war im Jahre 1231 über die Weichsel
nach Osten vorgedrungen. Das Land dort bewohnten seit mehr als
zweitausend Jahren die zur baltischen Völkerfamilie gehörenden
Prußen. Im Laufe eines halben Jahrhunderts hatte der Orden
es geschafft, die nationale Existenz der Prußen ganz und
ihre Kultur fast völlig zu vernichten.
In den Gedichten dieses Bandes kommen nun Geschichte und Religion
aus der Sicht des einfachen prußischen Menschen zur Sprache,
der — wenn er sich in Freiheit hätte behaupten können
— Bürger eines eigenen Staates geworden wäre;
wie Litauer und Letten, mit denen er nicht nur sprachverwandt
ist. Ob Prußenland schließlich das gleiche Schicksal
getroffen hätte, wie es heute Litauen und Lettland tragen,
ist müßig weiter auszudenken. Aber Litauer und Letten
haben noch ihre Heimat, existieren als Völker, wenn auch
im Verband der Sowjetunion. Die Prußen jedoch gibt es
als Volk nicht mehr. Sie leben aber einzeln noch in den Trägern
prußischer Namen — vorwiegend ostpreußischer
Familien — und deren Nachkommen weiter. Ihnen ist dieser
Gedichtband gewidmet. Er möge die Erinnerung an ein liebenswertes
Volk wachrufen, von dessen Göttern es heißt, daß
sie Bernsteinkronen trugen.
TOLKEMITA